Samstag, 22. Dezember 2012

Seetag - Empfang bei Frau Kapitän



Auch für heute hab ich den Wecker wieder auf 08:00 gestellt, denn wir wollen wieder im Britannia frühstücken gehen. Diesmal werden wir an einen 6er Tisch gesetzt und erhalten während der morgendlichen sehr kurzweiligen und lustigen Unterhaltung mit einem englischen Paar, wertvolle Tipps bezüglich unseres Landausflugs in Lissabon, den wir ja auch diesmal auf eigene Faust machen möchten. Hoch lebe die Kommunikation – wenn sie denn funktioniert, nicht wahr?

Thomas macht endlich mal mit der Kamera die Runde durchs Schiff – eigentlich haben wir ja noch Film-„Konserven“-Material von 2008, aber aktuell ist besser, denn es hat sich schon einiges geändert – immerhin sind ja die Kleber von den Bleiglasfenstern weg und es hat die Eisernen Fahnenhalter an den oberen Seiten des Queens Rooms angebracht, die wirklich was her machen.... (mit dem CUNARD-Löwen als Motiv).
Ich hab mir heute „Waschtag“ auferlegt, denn wir haben die kommenden Tage bald einige Landgänge nacheinander, da haben wir dann keine Zeit, uns um eine freie Maschine mitsamt Trockner zu „prügeln“, bzw. darüber zu wachen, dass das Zeugs nicht plötzlich nebendran in einem Korb landet oder auf dem Bügelbrett, nur weil wir nicht auf die Minute zurück waren... verständlich, aber eben, daher will ich’s vermeiden und lieber dabei bleiben, bis alles durch ist.
 Die unserer Kabine am nächsten gelegene „Launderette“ ist auf Deck 4, da Deck 1 kein reines Kabinen-Deck ist. Also, alles zusammengepackt und nichts wie hoch. Ich hatte Glück. Nur ein Herr sass da und hat mit einer guten Lektüre bewaffnet über seine Wäsche gewacht.
 Das Waschpulver gibt’s noch immer gratis, nur sind jetzt sämtliche Geräte durchnummeriert und bei den Trocknern ist ein Schild dran, dass nach Öffnung der Tür ein weiteres Mal der „Start“-Knopf gedrückt werden muss, sonst läuft das Programm nicht weiter. Bei den Toploader-Waschmaschinen ist das nicht nötig. Die machen dann weiter, sobald der Deckel wieder zu ist. Gut zu wissen. Tja, und da es nur einen Stuhl hatte, hab ich mich stehend an die Wand gelehnt, bis dann der Herr seine Siebensachen auch soweit getrocknet hatte, dass er wohl zufrieden war und damit abgezogen ist.
Dampf-Bügeleisen mit Zeitschaltuhr am Stromkabel, dass nichts "anbrennt"...
 Dann gab’s Stuhlwechsel... Ich war einige Zeit alleine in der Waschküche und dann kamen immer wieder Leute rein, um sich zu informieren, wie’s geht und ob das was kostet usw... Irgendwie muss ich total „heimisch“ aussehen, denn die fragten alle, ob ich hier arbeite (ist mir auf dieser Reise schon mehrfach passiert – aber ich wurde wenigstens gefragt, ein Kollege aus dem deutschen Forum wird immer gleich zum Personaleingang geschickt, seither trägt er demonstrativ T-shirts mit Logos + Werbung anderer Reedereien, als der mit der er gerade fährt, um sowas weit möglichst zu verhindern... klappt aber trotz Shirts nicht immer)... Meine Schwester aus Zypern meinte nach meinem SMS nur: „sag doch „ja“, dann gibt’s vielleicht Trinkgeld“... Wär ggf. einen Versuch wert, wenn nur nicht die Trinkgelder direkt mit der Onboard-Rechnung eingezogen würden... hmmm...

 Was mir während meiner Verweildauer bei Wäsche und Trockner noch auffiel, mein Tablet-PC bekam in der Waschküche 1A-Internetverbindung (obwohl das Werbegeschenk-Teil sonst ziemlich schnell "jammert", was WLAN angeht) ! Thomas‘ Tablet in der Kabine mittlerweile auch. Nur im Lido-Restaurant oder auch im Wintergarten kann nur der Laptop Verbindung aufbauen, für die Tablets ist das Signal dort zu schwach.

Im Tagesprogramm hab ich gelesen, dass „Lebkuchenhaus-Bauen“ angesagt ist. Ich will mir das ansehen.
 

Nachdem ich mein Kleid für den Abend auf dem Bett zum „nachglätten“ ausgebreitet hab, und die frische Wäsche im Schrank versorgt war,
hab ich mittels einem Schmacht-Blick am Heck zum Schraubenwasser (hatte ja noch nicht ein Foto für meine Mutter gemacht – Schande über mich....) noch etwas Frischluft geschnappt
 und bin dann ins Britannia Restaurant auf Deck 3, wo das alles stattfinden soll. Ich wurde sehr herzlich empfangen mit der Einladung, doch auch mitzumachen und eins zu bauen. Aber ich wollte nur schauen. Wer soll das essen? Dann kam das Angebot, ich könnte auch einen Bausatz als Karton Originalverpackt mitnehmen, es seien wirklich noch genügend da, und dann zuhause aufbauen... Echt lieb... Ich fragte noch: was kostet das? Nichts. Ist gratis. Tolle Ideen!






Auf meinem Weg entlang des Deck 3 komme ich auch am Queens Room vorbei und sehe, dass bereits wieder für die „Tea Time“ eingedeckt wird. Schon wieder so spät? Hmmm... Die Zeit rast... ich krieg’s irgendwie noch nicht ganz hin...
...  und weiter hinten in den Royal Arcades: Stockfinster... die Shops komplett dunkel, die Rettungsweganzeigen leuchten und das lebensnotwendigste: die Casino-one-armed-bandits laufen tatsächlich alle noch ! Auch im Golden Lion sind sämtliche Lichter aus. Die Leute hocken – dank Fenster in der Bordwand – bei gedämpftem Tageslicht vor ihrem Bier und lassen sich überhaupt nicht stören. Die Shops können natürlich nicht arbeiten, da Strom weg = Kasse usw. auch alles aus. Ich war drauf und dran, den Fotografen, der bereits für den Abend angefangen hat, aufzubauen, zu fragen, ob er seine Blitz-Lichter ggf. in die falsche Steckdose gesteckt hat und deswegen die Sicherung rausgeflogen ist...

 nebenan im Queens Room hat's Licht...
Na ja, abends ging dann alles wieder. Hoch lebe die Technik und vor allen Dingen die Leute, die das auch handlen können.
Ich treffe Thomas im Lido – er hat sich extra an einen Tisch mit Steckdose gesetzt, aber ich hab den Laptop nicht dabei, irgendwie hab ich grad keine Lust zu schreiben, also hol ich mir einen Scone und ein Stück Bananenkuchen (der war lecker !) und sitz noch etwas mit Thomas da und geniesse die Aussicht und die Wellen und das leichte schaukeln.
Es kommt die Zeit, da bereits die ersten Dinnerjackets rumlaufen (ok, inkl. Männer drin) und wir merken, es wär wohl besser, wir verdrücken uns in unserer Kluft, denn das passt jetzt nicht mehr. Also nichts wie ab in die Kabine. Noch etwas ruhen für Thomas, für mich noch ein bissel Buchhaltung auf dem Laptop und dann geht’s los mit dem Richten, denn schliesslich hab ich keine Lust, am Ende der Warteschlange für den Kapitänsbesuch zu stehen.

Bis der ganze Schmuck aus dem Safe geräumt und an der Frau „montiert“ ist, dauert’s länger, als in das Kleid zu steigen. Aber schlussendlich ist’s vollbracht und ich geniesse endlos die Freifläche zwischen Schranktüren, Toilettentisch, Badtüre und Couchtisch/Bettkante, um ohne irgendwo anzuecken mit der Masse Stoff und Reifrock drunter (Saum-Umfang: 2,90m) einfach nur da zu stehen und alles zurecht zupfen zu können.

Nachdem bei Thomas – heute im Smoking - auch die Fliege und das passende Einstecktuch „installiert“ ist, können wir los in Richtung Queens Room, aber von der Grand Lobby-Seite her, denn wir wollen Foto und Pfote drücken mit Frau Kapitän ! Wir sind schon gespannt, wie gross sie ist und welches Alter sie hat. Das ging irgendwie aus der Historie im Tagesprogramm nicht wirklich hervor.

Wir sind recht früh dran und haben ca. 10 Paare vor uns. Frau Kapitän kommt etwas später, da auch der Empfang von der ersten Essenssitzung zu absolvieren war und wirklich sehr viele Gäste sie sehen wollten, war wohl so eine grosse Verzögerung, dass die Leute eigentlich schon ins Restaurant gehen sollten, aber zum Teil noch angestanden sind und die Offiziere noch nicht mal vorgestellt waren. Na ja, Frau hat’s nicht leicht, ein Kuriosum zu sein, nicht wahr? 
Es ging dann recht bald los, das erste Foto, dann Namensangabe, dann Händedruck und Begrüssung von Frau Kapitän auf Deutsch und die Frage ob wir mit allem zufrieden seien, das Foto mit ihr und dann „weiterhin viel Freude auf Ihrer Kreuzfahrt“, ja das werden wir wohl haben...


Wir waren schlussendlich erstaunt, wie „klein“ sie ist. Nun, sie ist wohl im Geiste gross, sonst hätte sie dieses Amt nicht inne und es sei ihr auch wirklich gegönnt, denn der Weg zu einer solchen Position ist für eine Frau schon 2x nicht wirklich leicht.

 Auch bei der späteren Vorstellung der Offiziere blieb sie sehr sachlich und hat keine Albereien wie die männlichen Kollegen von Cunard, die wir kennengelernt haben, gemacht. Sie muss natürlich 10x mehr aufpassen, was sie sagt und wie, sonst degradiert sie sich grad selbst. Ungerecht, aber leider wahr.
Auch für die zweite Essenssitzung war der Empfang sehr gut besucht, um nicht zu sagen: rappelvoll... aber eben. So isses ja recht und so isses normal auch gedacht.

Leider ist das Bild nicht klar genug geworden, das wir von dem Kellner mit den Häppchen gemacht haben. Die Schwanenserviette auf dem Tablett hat mir so gut als Dekor gefallen. Na ja. Das nächste Mal (World Club Gala) wär ne Idee.

Für heute hab ich uns ausserdem (wegen meinem neuen Kleid) eine Fotosession beim Bordfotografen "auferlegt". 

Auf Deck 2 war die Fotografin noch aktiv, und ich mit Thomas hin, denn die „Zufallsbilder“ vor dem Empfang, dann mit der Kapitänin, da verlass ich mich nicht drauf. Ich will mit dem neuen Kleid „richtige“ Fotos gemacht haben. Mal sehen, was sie drauf hat. Morgen gibt’s die Ergebnisse zur Ansicht. Die kommen dann alle in die Mappe und wir schauen, welche von dem vorabgezahlten Paket wir dann wirklich nehmen werden. Gute Sache, muss schon sagen.

Hier die besten Bilder, die es aus dem Paket raus "geschafft haben" (gescannt - daher leider "streifig").
Wir machen uns auf den Weg ins Britannia Restaurant, gehen noch die Freitreppe hoch, da wir ja unseren Tisch auf Deck haben und beim Eingang gibt’s dann das erste Kompliment für mein Kleid (ne, stimmt nicht, als wir von der Kabine kamen, auf Deck 1 vor den Aufzügen, da sprach mich eine Frau an und war hell begeistert...). Mitten im „Gewühl“ von Händedesinfektion zu beiden Seiten der Türe... Der Typ ist gut, jeden Abend das gleiche Spiel – mit zwei Gelflaschen bewaffnet im Stereorhythmus den Gästen die Finger einglibbern und trotzdem hat er das mit dem Kleid gemerkt (ist der Maitre d‘ aus der Türkei). Später, als er nach dem Abendessen am Tisch vorbei kam und fragte, ob alles zu unserer Zufriedenheit sei, hat er mein Kleid nochmal gelobt – schier ohne Ende... und da sass ich noch auf meiner Schleppe drauf... „so many details! It’s almost victorian-like style“ ja, recht hat er und da hab ich dann gemerkt, dass er das tatsächlich im Vorbeigang registriert hat – trotz dem Gästeschwall... Hut ab !
Unser Kellner hat tatsächlich dran gedacht: die Stühle ohne Armlehnen wegen dem Reifrock ! Super ! Die haben ja eigentlich echt anderes im Kopf, speziell mit den ganzen Desinfektions-  + Hygienemassnahmen wegen dem Noro-Virus, aber eben. Er hat’s gemacht und bekommt einen extra-Gummipunkt von mir. Wenn ich doch nur endlich wüsste, wie der heisst... Foto hab ich gemacht, aber das Schild konnte ich wieder nicht lesen. Thomas hat’s gelesen, aber vergessen, weil der Name irgendwie nicht merkbar war... Erinnert mich an unseren Chef de Rang in der Queen Mary 2... da ging’s auch über eine Woche, bis ich kapiert hab, wie der wirklich heisst... nun ja, ein paar Tage haben wir noch. Zudem war tatsächlich für den Gala-Abend die „Alarmstufe“ von „rot“ auf „gelb“ herabgesetzt. Es gab wieder offene Butter auf dem Tisch, Salz + Pfeffer auch.
Unser Kellner (Takuna), sowie beide Beikellner versicherten uns, dass – sofern in der Nacht nichts passiert – am nächsten Morgen alles wieder auf „grün“, sprich: normal sein sollte. Wir hoffen es innständig für alle Beteiligten. Es waren nur sehr viele Seekrank geworden. Die Bucht von Biskaya hat wohl einigen ordentlich zu schaffen gemacht.

Wir haben zudem seit Southampton einen zweiten Beikellner. Er heisst Vinod, war anfangs schrecklich nervös, um ja nichts falsch zu machen... der tat uns vielleicht leid... aber eben, bei uns durfte er auch mal was falsch machen, das war dann ok und hat die Nervosität ein bissel gemildert und jetzt war er schon richtig „mutig“, denn als er mit dem Brot daher kam, meinte er: „is that my Madam, or is that a queen sitting here?“ und dass Thomas sich nicht vernachlässigt fühlte, hat er ihn auch mit „my King“ angesprochen... jöh, gel? Ich konnte ihm versichern, dass ich noch die gleiche Frau wie vom Vorabend sei, nur in mehr Stoff eingepackt...


Nach dem Abendessen hat unser Takuna, unser Hauptkellner, gefragt, ob denn genügend auf dem Teller war, die Ravioli seien ja schon arg wenig gewesen und ob ich denn satt geworden wäre (mei, seh ich unterernährt aus...) und ich musste ihm mehrfach versichern, dass 3 Gänge absolut genügen, auch für meine „Grösse“... dann kamen natürlich noch „Copy“ und „one of each, Madam“ und weil’s noch nicht genügend war, brachte er tatsächlich nochmal Ingwer und Schoko-Mint-Krokant-Taler.
Tja, und als wir uns dann mehr als wohl gesättigt erhoben, und ich meine Schleppe „ausschüttlen“ musste, um eventuell reingesessene Falten wieder los zu bekommen, waren alle 3 Kellner mit fasziniert glänzenden Augen da gestanden und haben einfach nur gestrahlt. Deryl hat dann das erste Mal „aussergeschäftlich“ den Mund auf gemacht und gemeint: „it’s such a beautiful dress, Madam“ und fragte auch, ob ich das extra habe machen lassen. Und ich meinte dann nur: fast, ich hab’s extra für diese Reise selbst genäht. - Oh, das hat sicher sehr lange gedauert, oder? – Na ja, nachdem ich ewig gebraucht hab, bis ich endlich damit wirklich angefangen habe, ging’s recht flott. Nach 31,5h war’s fertig. – Was, sooo schnell??? – Na ja, war nötig, sonst hätte ich es nicht mitbringen können.... – aaaah ja.... 

Wir sind dann, mit dem Versprechen, dass sie noch zwei ähnliche Kleider auf dieser Reise sehen werden, in Richtung Cafe Carinthia abgeschwebt. Am Ausgang vom Britannia stand der Maitre d‘ noch und strahlte mich zusammen mit seinem Kollegen wieder voll und auch dort ein paar weitere Worte zur Entstehung des Kleides. Na ja, bevor wir die Treppe von Deck 3 auf Deck 2 runter konnten, wurde ich nochmals angesprochen – diesmal von einer deutschen Frau, und auch mit Lob überhäuft. Na gut, jetzt bin ich zufrieden. Das Kleid hat den gewünschten Effekt (fast) erzielt. Auf der Queen Mary 2 sind die Reaktionen irgendwie „heftiger“, bzw. gehäufter gewesen. Aber egal. Anderes Schiff, andere Klientel und ich hab meinen „Künstlerapplaus“ ja bekommen und bin auch somit wirklich damit zufrieden.
Dann aber nichts wie ab in unser „Stammlokal“ für den Abend.
Im Cafe Carinthia gab’s dann noch einen non-alcoholic Cocktail
 (oh, erwischt....)
und recht bald danach sind wir in Richtung Kabine gewandelt, aus den Klamotten ausgestiegen und nichts wie ab ins Bett... Ich war „leicht“ alle, Thomas hat noch mit dem Tablet die e-mails abgerufen, da in der Kabine ja möglich.