Montag, 24. Dezember 2012

Cadiz - Heiligabend



Ich hatte den Wecker auf 06:30 gestellt. Die Stunde „zu wenig“ war nicht so toll, aber wir haben’s einigermassen hin bekommen, doch noch aus den Betten zu krabbeln... ok, ich hab „etwas“ gedrängelt, aber wie sich gleich herausstellen sollte, war’s gut so...

Wir wandelten in Richtung Grand Lobby, um auf Deck 2 zum Frühstück zu gehen, da blinkten uns viele bunte LEDs entgegen und ich erinnerte: ach ja, da war ja gestern Abend noch auf dem Weg zur Kabine der stechende Gestank von Lösungsmittel und schlussendlich definiertem Modellbaukleber, da die Herren der (kreativen) Schöpfung wohl wie jetzt ersichtlich, vergeblich, versuchten, die Eisenbahn für das zu errichtende Lebkuchendorf zum Laufen zu bringen.

Jetzt war zwar die Eisenbahn noch immer nicht am Laufen, die Schienen hingen mehr schlecht als recht über dem „Abgrund“ (der Platz hat dafür wohl schlussendlich nicht gereicht), aber das war egal. Der Gesamteindruck zählt, und der ist schlichtweg irre ! 
Langsam verbreitet sich auch der feine Duft von frischen Lebkuchenhäusern und vor lauter vieler Dekor und Puderzucker und handgeformten Weihnachtsmännern in Schornsteinen, vor den Häusern und aus Fenstern schauend, fällt mir erst gegen Schluss zu, so quasi auf den dritten Blick, auf, dass da an zwei Häuserdächern ja „Merry Christmas to all’s“ und „Happy New Year“ mit Smarties geschrieben steht. Also echt...
Ich zücke die Fotokamera und stresse am frühen Morgen grad schon mal die Chipkarte und als ich fertig bin, tat mir Thomas das nach und filmte mal die ganze Szenerie. Ist schon mächtig gross. Als wir fertig waren, kam einiges Personal, ebenfalls mit Kameras und alle hatten ein breites Strahlen auf dem Gesicht „oh, it’s Christmas!“ Ja, ne? Einfach toll ! Das Restaurant öffnete erst um 08:00, also sind wir noch auf Deck 3 raus auf die Promenade, um mal „vorzufühlen“, was so 18°C an Gefühl sind, und ob wir mehr oder weniger Kleidung für unseren Landausflug nachher brauchen würden.
 
Es hatte auch hier ausser 2 einsamen Läufer(inne)n niemanden, die Promenade war leer und über Cadiz war ein blitzeblanker Himmel, ein einzelner Stern strahlte (ist denn schon Weihnachten?!?) und die Dämmerung über der Stadt war schlichtweg ein absoluter Traum !
 einsame Brückenpfeiler mitten im Sonnenaufgang...
Nachdem auch hier wieder der Fotochip malträtiert werden musste, wir eine grosse Runde gemeinsam die Aussicht angeschmachtet haben, sind wir dann in Richtung Britannia Restaurant runter auf Deck 2 zum Frühstück gewandelt. Auch hier war noch fast nichts los. Irgendwie sind die Gäste heute nicht „in die Puschen“ gekommen.
Wir legten 08:30 in Cadiz an und ab 09:00 war das Schiff frei, um auf eigene Faust an Land zu gehen.
Wir konnten uns richtig schön Zeit lassen, denn der Aufruf für unseren Ausflug im Queens Room (englisch geführt) für „Walking the City“ war um 09:45, wozu wir uns ca. 10 min vorab einfinden sollten. 
Auch hier kaum Andrang, wir durften noch 5 min hinsitzen 
und dann ging’s auch schon ohne grosses Gedränge runter auf Deck A – direkt raus auf den Pier, wo uns unsere Guide „Domi“ emfping.
Die Gruppe bestand aus ca. 15 Personen und war somit nicht zu gross, aber auch nicht zu klein. Zu Fuss ging’s direkt ab dem Schiff los. Unsere Tour sollte 3 Stunden dauern, einen Zwischenhalt mit Getränk uns Sitzmöglichkeit beinhalten und ca. 5km Fussweg umfassen. Somit eine recht ordentliche Strecke, die Domi allerdings sehr interessant und recht kurzweilig gestaltete. Nur unsere (noch von Lissabon her leicht geschädigten und) jammernden Beine gaben an, dass das jetzt schon etwas länger gegangen ist, als nur mal eben vom Esstisch im Lido zum Buffet und wieder zurück.
Dass wir uns bereits deutlich im Süden Europas befanden, zeigten die blühenden Hibiscus, Oliven und Mandarinen an den Bäumen, und vor allen Dingen auch die blühenden Strelizien ! Alpenveilchen haben wir in Deutschland jetzt auch, allerdings aus dem Gewächshaus und nur für drinnen.
 so können Oliven auch aussehen...
Domi informierte uns auch ferner, dass es diesen Herbst und Winter in Cadiz sehr viel geregent hatte. Überaus mehr, als normalerweise üblich. In den ersten 2 Wochen des Dezember hatte es so viel Regen, wie normalerweise im gesamten Monat fallen sollte. Daher sind alle Pflanzen wunderbar grün und kräftig.
 exotische "Kollegen" grüssten uns von weiter oben...
Dass Cadiz sich auf einer Halbinsel befindet, zeigt sich immer, wenn wir mit unserer Tour wieder an einem Ufer angelangen. Mit tollem Blick auf den Atlantik. Der Weg zum Mittelmeer (in Richtung Strasse von Gibraltar) ist noch ein ordentliches Stück hin.
Wir bekamen viele schöne Fassadendetails zu sehen, zudem zeigte uns die Guide ein Haus, was für 5 Mio EUR verkauft wurde, um ein Luxushotel drin entstehen zu lassen. Es war schon recht viel an Renovation getan, aber leider bis jetzt noch nicht wirklich von Erfolg gekrönt. Das Gebäude ist sehr gross und Baujahr 1901 (siehe Metallschild am Hauseck – gegen die damaligen Pferdekutschen-Rempler, die um die sehr engen Kurven kaum vermeidbar waren).
Zudem bekamen wir einen 300 jährigen Drachenbaum zu sehen, dessen Geschwister auf den kanarischen Inseln wachsen.
Wir kamen auch an einem Platz vorbei, wo es Weihnachtsmarkt sowie auch eine Eisbahn gab. Die Eisbahn war diesmal wohl in einem Zelt untergebracht, da sie letztes Jahr schmolz – wegen Sonneneinstrahlung. Glaub ich auf’s Wort. Wir haben jetzt schon 20°C, das mag keine Kunsteisbahn auf Dauer bei direkter Sonneneinstrahlung..
Die letzte Strasse vor der Pause war die „Ancha“ – die breite Strasse (im Verhältnis zu den schmalen Gassen vorher), welche uns direkt zum Restaurant, den Blumenmarkt und die Hauptpost führte.
 die Hauptpost
 der Blumenmarkt

Also hellrosa Weihnachtssterne hab ich irgendwie noch nicht gesehen... Wohl eine andere Kreuzung.
Unsere ersehnte Fuss-Pause in der Cerveceria kam uns sehr gelegen...
Beim Weiterlaufen werfe ich einen Blick auf die Souvenirstände und entschliesse mich, nur ein Foto davon mitzunehmen...
An einer Confisserie erfahren wir, dass nicht die Cremetorten mit den Nikoläusen drauf, sondern das Gebäck mit dem vielen Honig das echte traditionelle Weihnachtsgebäck in Cadiz ist. Hmmm... sieht lecker aus, aber zum Einkauf lassen wir uns doch nicht hinreissen... gibt Bappfinger und zuhause schmeckt das nicht so gut, wie hier.
Weiter geht’s in den mittelalterlichen Teil von Cadiz. Durch ein noch bestehendes Stadttor weiter auf einen Platz mit zwei Kirchen, wobei der Vorplatz nicht einfach nur ein Muster aufweist, sondern den Grundriss der grossen Kirche in Marmor. Richtig ersichtlich allerdings erst ab dem obersten Treppenabsatz vor der grossen Kirche. Toll !
An der grossen Kirche entlang laufen wir an einem Ausgrabungsort vorbei und landen wieder am Meer – diesmal auf der anderen Seite der Stadt.
Wieder zurück in den Gässchen und Strässchen ist der nächste Halt der Rathausplatz, wo dann die Tour eigentlich auch beendet ist. 
 oha, hier ist der auch zu Besuch... ob der auch schon so schwitzt wie wir?
 das leuchtet nachts sicher toll - weihnachtlich...
Domi nimmt diejenigen, die möchten, wieder mit zum Schiff, sodass wir sehen, dass wir eine „richtige Schleife“ gelaufen sind, denn wir sehen die Queen Victoria diesmal nicht von der Hafen, sondern von der gegenüberliegenden Pierseite. Ein sehr schöner Anblick und gut für Fotos !
Nach den besten Wünschen für „Happy Christmas“ wandeln wir jetzt doch recht fusslahm und ein bissle hungrig in Richtung Sicherheitskontrolle vor und im Schiff.
Nachdem wir in der Kabine überflüssige Klamotten abgeworfen, bzw. gegen leichteres getauscht und die Geldbeutel wieder im Safe verstaut haben, sind wir mit Kameras und Laptop „bewaffnet“ ins Lido, um noch was zu Mittag zu essen.
Dort sehen wir, dass auch ein Lebkuchenhaus-Dörfchen mitsamt Torte und besten Wünschen drauf aufgebaut wurde. Was ein Aufwand ! Super schön.
Diesmal sind wir nachmittags in den Wintergarten – wobei dort das Schiebedach leider zu blieb, obwohl es wirklich warm genug draussen gewesen wäre, aber es blieb zu und dadurch wurde es doch einiges wärmer da drin, als nötig – trotz der „Miefquirl“ an den Decken, die die Luft mischen sollten. Ich habe mit der Kamera noch einen Rundgang auf den obersten Sonnendecks gemacht, um einen Überblick über Cadiz zu bekommen und zu sehen, wo wir los liefen und von wo wir wieder zurück kamen.
Der Brückenbau auf die andere Uferseite sieht auch sehr imposant aus... 

Ab 18:00 werden wir aus dem Wintergarten „verscheucht“, da die Kellner ihn herrichten müssen – und wir dürfen natürlich das Endergebnis nicht vorher sehen – ist wie Bescherung - für 19:30-20:30: Glühwein & Weihnachtsgebäck für die deutschen Gäste.


Da wir das allerdings auch zuhause auf Weihnachtsmärkten haben können, haben wir uns für die „Christmas Carols“ der „Senior Officers oft he Queen Victoria“ in der Grand Lobby entschieden und hatten grad eben noch das letzte Lied der „ersten Schicht“ (Abendessen 18:00) mitbekommen, als wir aus dem Aufzug stiegen, um zu unserer Kabine zu kommen. Oh, das war ein toller Vorgeschmack auf das was kommen würde... YEAH !
Also nichts wie ab in die Kabine, Fotos vom Ausflug runter laden, Kleidung für später richten, noch ein bissel ausruhen, duschen, und dann ab ins weihnachtliche Getümmel.
Ich hab mir ein „Weihnachtsgeschenk“ für unseren Cabin Steward ausgedacht. Er bekommt ein Handtuchtier von mir (ich hoff bloss, er vergisst nicht, die Brille da zu lassen... die ist mit Schliff, damit kann er nichts anfangen) mitsamt schriftlichen besten Wünschen  - trotz dass er heute Abend genau so arbeiten muss, wie an jedem anderen Tag auch.
 
Thomas hat diesmal sogar endlich die Krawatte von meiner Schwester aus Zypern anziehen können. So alt wie das Ding ist, aber die Batterien sind noch prima und es dudelt fleissig „Merry Christmas“ vor sich hin, wenn der versteckte Knopf gedrückt wird.
Als wir in der Grand Lobby auftauchen, sind die Vorbereitungen noch im Gange, wir haben uns film-/fotostrategisch gut positioniert und freuen uns auf das was kommen möge. Es hat mehrere Krawattenträger, die ähnliche Muster aufweisen, einer der Senior Officers scheint aus Schottland zu sein – die Mütze „verrät“ ihn, andere Mitarbeiter lassen sich mit dem „Engel“ (Harfinistin) fotografieren, die Stimmung ist klasse !
Langsam wird’s echt voll, die anderen Gäste kommen dazu, stellen sich hinter uns auf, auch entlang der Treppe der Grand Lobby, die Liedtexte werden verteilt, ein Gast begleitet auf dem Flügel und alle singenrichtig schön und fleissig die von der Unterhaltungsdirektorin vorabausgewählten Lieder der Sammlung mit (Thomas' Video des Events). 
Das ist eine so schöne Stimmung und macht echt Spass. Vor allen Dingen komme ich dann mal in den Genuss der einzelnen Texte der Lieder, die ich zwar von der Melodie her kannte, aber das war’s dann schon.
Beschwingt und beseelt sin wir dann um 20:30 in Richtung Britannia Restaurant ab geschwebt, um unser Abendessen einzunehmen. Auf dem Weg dorthin haben wir gesehen, dass beim Todd English ebenfalls ein Lebkuchenhaus aufgebaut worden war.
Bei unserem Menuekarte auf Deutsch lautete heute das Motto „wer Tippfehler findet, darf sie behalten“. Aber wir mussten schon lachen... wenn jemand weiss, was „Preislebber Parfait“ ist, der darf sich melden und hat einen Gummipunkt gewonnen! Da hat wohl leider der „Spellcheck“ des Schreibprogramm nicht gegriffen. Es sei dem Übersetzer verziehen, hat es uns doch eine Erheiterung der Lektüre beschert.
Jetzt hab ich auch endlich die Namen unseres Beikellners sowie des Kellners rausgefunden und endlich aufgeschrieben:
Kellner Takuna (Indien)
Beikellner Daryl (Philippinen)
Nach dem Abendessen versichert Takuna von sich aus: „tomorrow formal night“, Stühle ohne Armlehne? Ja, toll ! Er hat sich dran erinnert. Klasse. Morgen gibt’s Weihnachts-konform Rot-Gold. Er meinte dann nur: „oh, like the song: Lady in red“ na denn...hoffe, er wird nicht enttäuscht.

Auf dem Rausweg vom Britannia sahen wir, dass da auch noch die süssen Häuser aufgebaut waren ! Also wirklich... irre... und alles so liebevoll gerichtet.
Wir liefen noch in den Royal Arcades für das Svarowski Angebot vorbei. Allerdings das diesmal leider eher „Special price, double price“. Zwar toll anzusehen, aber eben. Nix für meinen Geldbeutel, schon garnicht, da ich ja eigentlich nichts brauche.

Auf dem Rückweg haben wir noch von oben als „Zaungast“ in den Queens Room geschaut, wo schon eifrig getanzt wurde. Toll. So ist richtig.
Nach dem Abendessen und unserem Verbleib im Cafe Carinthia für unseren „Gute-Nacht-Drink“ (ich hab mir zur Feier des Tages tatsächlich einen Baileys gegönnt!) kamen wir zurück in die Kabine und fanden auf dem Bett neben „weihnachtlichen“ Betthupferln (mit Stechpalmenmuster auf dem Papier) noch ein Päckle mitsamt Umschlag an uns beide adressiert vor... 
Es war eine von Hand (original!) unterschriebene Weihnachtskarte von Frau Kapitän, Deputy Captain, Chief Engineer und Hotel Manager. Wenn sie das für alle belegten Kabinen auf dem Schiff machen mussten, na denn Prost... ich hoffe sie haben davon keinen „Tennisarm“ bekommen... Frau Kapitän hatte dafür ja lediglich Zeit, seit sie in Southampton auf das Schiff gekommen ist.

Im Päckchen war eine Tragtasche mit Reissverschluss (Cunard Logo vorne aufgedruckt), darin waren eine Thermoskanne und zwei Thermosbecher mit Lederimitatmanschette auf dem das CUNARD-Logo eingeprägt ist und (Trinkloch-)Deckeln drauf. Welch ein Aufwand ! Klasse.

Kanne und Becher sind (ausser den Deckeln und Manschetten) vollumfänglich aus Metall, also wirklich gute Qualität. 
Die spanischen Weihnachts-Spezialitäten-Häppchen bekamen wir dem englischen Paar am Nebentisch (Abendessen), als kleines Dankeschön dafür, dass wir ihnen unsere zwei Flaschen Sekt spendiert hatten, die wir so eigentlich eh nicht trinken würden und für den Heimtransport ist das schon gar nicht vorgesehen gewesen. Tja, war irgendwie gut, dass wir in Cadiz heute keine Süssigkeiten eingekauft haben, so konnten wir uns noch mehr über die nette Aufmerksamkeit freuen.
Wir sind zutiefst beeindruckt vom heutigen Tag und sinken – nicht ohne vorher die Uhren eine Stunde zurück gestellt zu haben, denn wir fahren nach Nordafrika – in einen seligen und wirklich zufriedenen Schlaf.